„Madgermanes“ oder „Regressados“ (die „Zurückgekehrten“) werden die ca. 20.000 mosambikanischen Vertragsarbeiter genannt, die seit 1979 in der DDR ausgebildet wurden, gearbeitet oder studiert haben. Nach dem Fall der Mauer 1989 sind sie größtenteils wieder in ihr Heimatland Mosambik zurückgekehrt. Doch Deutschland bleibt bis heute, also 25 Jahre nach ihrer Rückkehr, ein wesentlicher Teil ihrer Identität.
„Als Brüder der Freundschaft“ und „Genossen im Kampf gegen den Imperialismus“ wurden die, zum größten Teil jungen, Männer aus ganz Mosambik ausgesucht und in verschiedensten Betrieben der DDR ausgebildet und als Arbeitskräfte eingesetzt. Für die DDR sollten sie so dazu beitragen, den Arbeitskräftemangel zu beheben und die internationalen Verbindungen zu stärken. Für Mosambik die Schulden ihres Landes abzubauen und Wissen über moderne Produktionsprozesse zu sammeln, um dieses dann nach der Rückkehr in ihre vom Krieg zerstörte Heimat zum Aufbau zu nutzen. Schulden hatte Mosambik bei der DDR, weil diese den Unabhängigkeitskampf gegen die Kolonialmacht Portugal sowie den darauffolgenden Bürgerkrieg gegen die von den westlichen Mächten unterstützte Renamo mit Waffen, Verbrauchsgütern und Fachpersonal unterstützte.
Die meisten Mosambikaner fühlten sich wohl in der DDR: sie wohnten zusammen in Wohnheimen, feierten viel, waren bei den ostdeutschen Frauen sehr begehrt, bereisten das Land, besuchten Theater, Bibliotheken und Buchenwald. Und manche machten auch „FKK“. Die Integration der Vertragsarbeiter war jedoch weder von der deutschen noch von der mosambikanischen Seite gewollt. Freundschaften entstanden, wenn auch oft nur zaghafte, man lernte die Sprache, die Mentalität, lebte gut mit dem, was die DDR zu bieten hatte: Plattenspieler, Kühlschränke, Zentralheizung, Farbfernseher, Plattenbau. 25 % des Einkommens der Vertragsarbeiter wird von der mosambikanischen Regierung einbehalten, 1985 erhöht sich dieser Prozentsatz auf 60 %, und 1988 wird er auf 40 % gesenkt. Das Geld soll ihnen als eine Art Altersvorsorge dienen, wird aber zur Tilgung der Staatsschulden missbraucht.
1989 erleben die Vertragsarbeiter, wie die Bürgerrechtsbewegung der DDR regelmäßig demonstriert und das marode kommunistische Weltgefüge zusammenfallen lässt – ein Schlüsselerlebnis für ihren späteren Kampf um ihr Recht und ihre Würde. Nach der Wiedervereinigung wurde jedem Mosambikaner 3000 DM gegeben, um nach Hause zurückzukehren. Wer bleiben wollte, sollte heiraten, um nicht in die Illegalität abzurutschen.
In der Erwartung als „Elite“ der Nation zurückzukehren, bringen die Heimkehrer nicht nur luxuriöse Güter in eines der ärmsten Länder der Welt, sondern auch Ideen und Erfahrungen aus einem fremden Land. Die anfängliche Euphorie der Rückkehr verblasst aber schnell. In Mosambik hatte man sich schon längst von den marxistischen Ideen abgewandt und war nicht vorbereitet auf die plötzliche massive Heimkehr. Viele Rückkehrer werden in den Krieg geschickt, der erst 1992 enden soll. Die meisten finden keine Arbeit, denn es gibt keine Industrie, und das Mitgebrachte ist schnell verkauft. Die „Daheimgebliebenen“ sehen die „Zurückgekehrten“ als privilegiert an, sie wissen nichts darüber, was diese in der DDR erlebt hatten, ein weiterer Grund für die misslungene Re-Integration.
Bei der Heimkehr werden den Vertragsarbeitern die Nachweise über ihre zurückgehaltenen Lohneinzahlungen weggenommen. Da es jahrelang nicht zu den Auszahlungen dieses einbehaltenen Lohns kommt, beginnen die bis heute anhaltenden regelmäßigen Demonstrationen und die Madgermanes wachsen zu einer der bedeutendsten Oppositionen im Land. Da unklar ist, wem heute welche Gelder ausgezahlt wurden und wem welche Gelder überhaupt zustehen, gehen die Demonstrationen weiter und die „Opfer der Korruption“ werden als „Troublemaker“ verhöhnt.
Viele der Madgermanes sind gefangen in ihren glorifizierten Erinnerungen an ein Land, das nicht mehr existiert. Sie leben in Ohnmacht, Frust und Armut. Einige aber haben es geschafft, sich auf die neue Lebenssituation einzustellen und von ihrem Sprachwissen und ihrer Kompetenz Gebrauch zu machen. Allen steht die Anerkennung und ein würdevoller Umgang sowie eine Entschuldigung und eine Kompensation für die veruntreuten Gelder zu, denn die Madgermanes haben, durch ihren Beitrag in der DDR maßgeblich zur Befreiung und zum Aufbau ihrer Heimat beigetragen.